Überraschend anders
Von Gran Canaria hatten wir zuvor ein sehr gruseliges Bild im Kopf: Bettenburgen, Massen- und Pauschaltourismus, Billigurlaub, All-you-can-eat-Buffets. Und genau so war es dann auch, aber nur im Süden. Den haben wir gleich am ersten Tag nach unserer Ankunft in Angriff genommen und ›abgehakt‹. Hin mussten wir aber, weil dort die berühmten Dünen wohnen und weil von dort die Delfintouren losgehen – beides alternativlos.
Dolphin Watching
Um gleich vorwegzunehmen, was Ihr auf dem Bild ohnehin sehen könnt: Ja und hurra, wir haben Delfine gesehen!!! Leider war es die nicht so hüpffreudige Sorte, wie unser Tour Guide erklärt hat. Mehr als die Rückenflosse haben die Jungs nicht aus dem Wasser gestreckt. Das hat aber genügt, um allen auf dem Boot jede Menge kollektive Aaaahhhs und Ooohhhhs zu entlocken. Ein wunderschönes Erlebnis, das uns ganz verzaubert hat.
Mit der »Spirit of the Sea« und ihrer Besatzung hatten wir einen richtig guten Griff getan. Die Tour war nicht nur (im besten Sinne) professionell, sondern auch wirklich hoch interessant und informativ. Es wurde nicht gefüttert wie sonst oft, um Tiere anzulocken, und das Boot hielt immer respektvollen Abstand. Dazu gab es jede Menge Erklärungen und Informationen zu Delfinen und Walen. Und wenn gerade Müll vorbeischwimmt, wird er kurzerhand aus dem Wasser gefischt. Laut Website hat das Unternehmen ein Zertifikat für verantwortungsvolles Whale Watching, und das kommt uns tatsächlich sehr glaubwürdig vor. Und selbst, wenn wir keine Delfine gesichtet hätten, wäre es einfach ein wunderschöner Bootsausflug gewesen. Selbst Puerto Rico hat was, vom Wasser aus und aus der Ferne ...
Dunas de Maspalomas – Sandmeer und Meermeer
Die Dünen von Maspalomas sind ein einzigartiger und total faszinierender Landstrich auf den Kanaren: eine Mini-Sahara zum Sich-drin-verlieren ... und direkt dahinter das tiefblaue Meer!
Der Zugang zu den Dunas funktioniert sehr gut über das Hotel Riu Palace mit einem Durchgang und palmenbestandenen Weg, der direkt zum Mirador führt. Von dort bekommt man einen schönen ersten Eindruck – zwar reichen die Dünen an ihrer breitesten Stelle ›nur‹ etwa 1,5 km ins Landesinnere herein, aber es wird klar: hier ist ordentlich Sand im Spiel!
Vom Mirador aus kann man auf kurzem Weg in die Dünen hineinlaufen. Angeblich ist das nur noch über offizielle bzw. markierte Wege erlaubt, was bestimmt zum Schutz der Dünen auch Sinn machen würde. Wir konnten allerdings keine Wege erkennen, die Leute sind einfach kreuz und quer gelaufen. So haben wir das dann letztlich auch gemacht, aber haben natürlich die eingezäunten Bereiche mit Bewuchs gemieden.
Take care of your Fußsohlen! Bei uns war es echt nicht übertrieben heiß. Trotzdem war der Sand auf der windabgewandten Seite so aufgeheizt, dass wir lieber drübergeflogen wären. Das nächste Mal nehme ich Socken mit, dieses Mal sind wir möglichst auf Zehenspitzen und mit kleinen spitzen Schmerzensschreien »Au au aua« die Sandhügel hochgehüpft ...
Umso schöner war es, die Füße endlich ins Meerwasser zu stecken und dann ein wunderschönes Stück am Strand entlang zu laufen.
Hier könnte ich nicht nur Stunden, sondern Tage verbringen, bei verschiedenen Licht- und Wetterstimmungen, und den Sandverwehungen und Staubfahnen zuschauen. Kaum zu glauben, dass diese unwirkliche Landschaft mitten im Massentouri-Hotspot Playa del Inglés liegt und – zumindest in der Nebensaison – noch nicht völlig zerstört und vermüllt zu sein scheint.
Den Dunas zum Trotz – im Süden wollten wir keinesfalls unsere Homebase einrichten, Meerblick musste diese aber unbedingt haben! Sooo viele Optionen gab es dann letztlich gar nicht, so dass wir uns für Puerto de las Nieves entschieden haben, das im Nordwesten von Gran Canaria liegt und als Ausgangspunkt für alle Inselziele einfach perfekt und überdies ein wirklich hübsches Örtchen ist!
Von dort lassen sich dann auch in wenigen Mietwagenminuten einige lohnende Ziele an der Nordküste erreichen. Übrigens ist das auf Gran Canaria nicht selbstverständlich. Das Landesinnere ist nur über vogelwilde, enge, ungesicherte Serpentinenstraßen zu erreichen. Das kostet Zeit ohne Ende und ist nichts für nervenschwache Beifahrer/-innen!
Sardina del Norte & El Roque – Gran Canaria-Nord
Laut diverser Reiseführer gibt es auf Gran Canaria ja keine Saisons. Das können wir so nicht bestätigen. Wir waren ganz eindeutig – und glücklicherweise! – nicht in einer der Hauptsaisons da. Sehr deutlich gezeigt hat sich das in Sardina del Norte. Dort war die Stimmung – hm ja – eigenartig. Wie nach einer Alien-Invasion (und nicht von freundlichen Aliens!). Irgendwie zu ruhig bis eher schon tot und ziemlich spooky.
Der touristische Teil von Sardina liegt unten am Meer und ist durchaus nicht unhübsch, wenn auch vielleicht der Fels der Steilküste schon recht mächtig nach unten drückt. Wegen des oberen Teils des Städtchens braucht man jedenfalls nicht kommen, außer man ist Alienforscher/-in.
Natürlich haben wir auch den Leuchtturm von Sardina besucht, der weder an der nördlichsten noch an der westlichsten Stelle der Insel liegt, aber halt trotzdem spektakulär.
El Roque dagegen hat uns schon von der Schnellstraße aus wie verrückt angeglitzert (unbedingt mal am Morgen von Westen aus anfahren!!!) und für sich eingenommen.
Der Ort liegt äußerst malerisch auf einer Felsnadel, die weit ins wilde nördliche atlantische Meer hinausragt. Die Felsnadel ist heftig umtost von funkelnden Wellen und stürmischen Windböen. Wer wie wir östlich der Stadt die Schnellstraße verlässt und sich sozusagen von hinten anpirscht, könnte an einem wunderschönen riesenschwarzkieseligen Strand landen – und vielleicht so wie wir auch nie mehr weggehen wollen ...
In El Roque haben sie laut Infotafel ein echt teures öffentliches Bad gebaut. Es sieht so aus, als ob das von den Einheimischen niemand nutzen würde, die sich offenbar lieber eng gedrängt am gar nicht sooo idyllischen Betonstreifen dahinter sonnen. Gebadet wird, wie oft am Atlantik, in natürlichen Wasserbecken, die etwas Schutz vor den Wellen und der gefährlichen Strömung bieten.
El Roque Nublo – von Wolken und Felsen
Über den hübschen Ort Teror mit seinem trubeligen Sonntagsmarkt, den man ganz wunderbar bei einem Café con leche am Hauptplatz bei der Basilica beobachten kann, haben wir – ein Muss auf Gran Canaria! – den Roque Nublo besucht. Die Anfahrt allerdings war abenteuerlich. Auf einspurigen Serpentinensträßchen schlängeln sich die Autos mühsam voran und hoffen, meist vergeblich, dass kein Gegenverkehr kommt – denn Ausweichen ist irgendwie nicht mit eingeplant.

Der »Wolkenfels« ist das Wahrzeichen der Insel und ein wahrlich mystischer Ort. Er liegt atemberaubend und von Weitem sichtbar in einer wild zerklüfteten Gebirgslandschaft, sozusagen auf dem ›Dach‹ der Insel. Geparkt wird unten, von dort steigt man in etwa 30 Minuten zum Roque hinauf. Es gibt Leute, die machen das in Flipflops. Wir waren froh um unsere Trekkingschuhe und auch um sonst jedes Stück Kleidung, das wir dabei hatten, weil es so hoch oben nicht viel mehr als 0°C hatte. Ein bisschen leid taten uns die blaugefrorenen Kinder in T-Shirts und kurzen Hosen.
Auf dem Plateau angekommen, auf dem der Roque Nublo steht, sahen wir erstmal nicht viel. Der Wolkenfels machte seinem Namen alle Ehre und versteckte sich in Wolken und Nebel. Hatte aber eindeutig auch was!
Das trübe Wetter hat uns auch von der Umrundung des Roque abgehalten, die wir ursprünglich vorhatten. Schade, bei guter Sicht muss das eine umwerfende Panoramatour sein! Immerhin hat es auch bei uns noch etwas aufgerissen. Trotzdem: Blauer-Himmel-Sonnenschein geht anders.
Auf dem Rückweg mussten dann noch die treuen Kameraden des Roque angemessen gewürdigt werden: der betende Mönch und der Frosch, der den Roque nicht aus dem einen Auge lässt ...
Um den krassesten Serpentinen und Ministraßen zu entgehen, hielten wir vom Roque auf der GC-60 weiter Richtung Süden. Sehr viel besser war die zwar nicht, aber zufällig führt sie durch eine mega beeindruckende Landschaft, die uns an das erinnert hat, was wir uns unter den Rocky Mountains vorstellen. Und sie führt am Ende geradewegs auf das Meer und Maspalomas zu, und so schließt sich der Kreis in diesem Kapitel zuletzt wieder.