Lesina Marina – ein bisschen Tatooine

Lesina Marina ist ein Ferienort, der Eingangstor zum Gargano wie auch zu Apulien ist und wohl weit überwiegend von italienischen Feriengästen angefahren wird. Die Architektur, ganz in weiß gehalten, war in den 70ern bestimmt wegweisend und ist tatsächlich immer noch absolut sehenswert, teils sogar charmant. Hat was, definitiv! Anfang September ist es hier halbtot, aber das ist irgendwie Teil des Charmes. Der Mond ist riesig und dunkelgelb und geht in die falsche Richtung auf und unter. Wir vermuten starke extraterrestrische Aktivitäten vor allem der Imperialen Truppen und entschließen uns spontan, zwei Nächte zu bleiben, »bis die Seele nachkommt«.

Am nächsten Morgen: Das Meer und einen wunderbaren Sandstrand finden wir hinter einem kleinen Pinienwald. Von dort steuern wir bei glühender Sonne gezielt die weniger ansehnlichen Ecken des Ortes an. Der Spaziergang zieht sich, wir empfehlen gutes Schuhwerk! Schöner wird es hier nicht auf der Rückseite der Stadt. Alles ist irgendwie schräg, inklusive der etwas maroden Stimmung, aber wir mögen es trotzdem, dieses leicht abgeranzelte und völlig abgefahrene Feriendorf.

Wir haben ein sehr schönes Zimmer mit einem sehr blauen Balkon in einem sehr entspannten B&B. Um die Ecke verkauft ein Laden bis spät gekühlte Getränke, überhaupt kann man abends hier ganz gut flanieren, immerhin sind wir in Italien. Es gibt Parkplätze direkt vor dem Haus und Jesu' Segen, beides umsonst. Einen ganzen Urlaub würden wir hier vielleicht nicht verbringen wollen, aber als Zwischenstopp ist es, sofern man sich darauf einlassen kann, einfach perfekt – und ein sehr authentisches Stück Süditalien!

Lago di Lesina & Lesina »al lago«

Der Lago di Lesina ist eine Lagune mit nur wenigen kanalartigen Zugängen zum Meer. Aufgrund dieser besonderen Lage und des speziellen Salzgehaltes gedeihen Aale in dem Tümpel besonders gut. Die werden hier gegrillt und mit einem sauer eingelegten Gemüse namens Salicornia gereicht, zu Deutsch Queller.

Der See ist dann auch die einzige echte Sehenswürdigkeit des Ortes. Wohl deshalb hat man einen offensichtlich völlig sinnbefreiten, aber nicht uninteressanten Steg in den See gebaut, der bei unserem Besuch aber wegen Baufälligkeit gesperrt ist. 

Lesina al lago, der Ort zum See, ist noch viel abgeranzter als Lesina Marina. Definitiv ist hier nicht die Ecke von Italien, die Gott liebt und deshalb alle Touristen herschickt. Hier ist es shabby, aber nicht shabby-chic, sondern shabby-shabby, und vermutlich hätten es die Einheimischen lieber mehr chic und weniger shabby, wenn der Tourist das Geld nicht lieber in der Toskana oder der Amalfi-Küste oder dem Inneren vom Gargano lassen würde. Aber es hat wohl der Tourist den gleichen Geschmack wie der liebe Gott.

Ein wenig mag es am drückenden Wetter liegen, dass der Ort auf den ersten Blick so trist und heruntergekommen wirkt. Auf den zweiten Blick wird es dann aber eher noch schlimmer, wenn man nämlich die Uferpromenade verlässt und durch die Gassen strawanzt. Nicht mal der See wirkt irgendwie einladend, wie die paar abgewrackten Boote zwischen giftgrünen Schleimalgen darauf herumdümpeln.

Bei Abendwolkenlicht zeigt der See dann plötzlich seine schöne Seite, und wir verstehen, dass der Aal hier schon eine Lebensqualität findet. Und ein bisschen vielleicht auch der liebe Gott.