Die kleine Schneejungfrau
Puerto de las Nieves ist nach der »Virgen de las Nieves« benannt und liegt im Nordwesten von Gran Canaria, weit abseits von Massentouri-Rummel, großen Hotelanlagen und überlaufenen Stränden. Zugleich liegt es praktisch direkt an der GC-2, die – zusammen mit der GC-1 und der GC-3 – die Schnellstraße rund um Gran Canaria bildet, ohne die man dort einfach verloren hätte. Außerdem geht hier die »Fred Olsen«, die Fähre nach Teneriffa, ab.
Jedenfalls ist Puerto de las Nieves ein recht hübsches Hafenstädtchen mit den typischen kanarischen weißen Häuschen, einigen beliebten Fischlokalen in fantastischer Lage und Blick auf die »Cola de Dragón«, den »Drachenschwanz«. Vor allem das nächste Foto lässt erahnen, woher dieser prägnante Gebirgszug an der Westküste seinen Namen hat ...
Der Ort hat genau die Mischung, die wir gesucht hatten: selbst ein bisschen unspektakulär, mit ausreichend Infrastruktur wie Bars, Restaurants und Supermercados, ...
... aber in einer traumhaften Naturkulisse mit dem (abgebrochenen) »Finger Gottes« (bitte nicht zu verwechseln mit der »Hand Gottes«) und mit einem Paseo Marítimo, der am aufgewühlten Atlantik entlang zu den Piscinas, den Naturschwimmbecken am Ortsende, führt. Die übrigens der perfekte Ort für den Sonnenuntergang sind!
Wanderung durch das Valle de Agaete
Agaete ist das Dorf über Puerto de las Nieves, wobei die beiden Orte fast zusammengewachsen sind. Von Agaete aus führt ein Wanderweg durch das Agaete-Tal, das durch besondere Klimaverhältnisse fast schon tropisch ist: hier finden sich überdimensionierte Bananenstauden neben Monsterkakteen, dschungelartiger Blumenbewuchs und die einzige Kaffeeplantage Europas: die Bodega los Berrazales. Ein wahrlich einzigartiger Ort, mit gutem Instinkt für was der Touri mag und an dem man trotzdem dringend eine Kaffee- und Weinverkostung machen sollte. Sogar Stephen Hawking war schon hier oben, worauf man – zu Recht! – stolz ist.
Der Weg führt erst sanft ansteigend durch üppige Vegetation, dann wird es steil. In Serpentinen geht es den Hang hinauf. Die großartigen Ausblicke durch Schlucht und Tal Richtung Meer und bis Teneriffa hinüber bieten aber immer wieder einen sehr guten Vorwand stehenzubleiben und gleichzeitig etwas zu verschnaufen. Ziel ist der Mirador Valle de Agaete mit Baumschatten, Bänkchen und Ausguck. Zurück sind wir die wilden Kurven der kaum befahrenen Straße entlang gelaufen, am »Projekt Hoffnung« der Caritas und dem Lost Place »Embotelladora Agua de Agaete« vorbei. Absolut empfehlenswerte Tour, unbedingt machen!
Der Ritt auf dem Drachenschwanz: El Mirador del Balcón
Von Puerto de las Nieves fährt man die etwas wilde Küstenstraße GC-200 zwölf Kilometer Richtung Süden und erreicht den Mirador del Balcón oder kurz: El Balcón. Wer mag, legt einen Zwischenstopp an der Playa del Risco ein, einem schönen Lavastrand mit dicken rund geschliffenen Steinen im Sandbett am Fuße des Steilhangs. An der Westseite der Insel gibt es übrigens keine Schnellstraße, hier muss man Zeit und Nerven mitbringen, damit man die spektakuläre Fahrt auch genießen kann!
Der Mirador selbst lohnt allein schon wegen seiner Lage sozusagen oben auf dem »Drachenschwanz« und der mutigen Architektur. Nicht unbedingt was für Leute mit Höhenangst oder Abneigung gegen windige Plätze, und sieht von außen bzw. oben besser aus als wenn man draufsteht, und trotzdem: ein irres Teil, wir waren geflasht!
Falls wir ein zweites Mal nach Gran Canaria kommen, werden wir unsere Homebase auf jeden Fall wieder bei der Schneejungfrau einrichten. Praktischer und schöner hätten wir es nicht erwischen können. Und hier gibt es noch so viele Wege zu wandern, Sträßchen zu fahren, Schluchten zu durchqueren und Orte zu entdecken. Oder wir setzen uns einfach eine Woche auf die Bank an der Mole und schauen dem Meer beim Meersein zu.