Und täglich grüßt der Leierkasten
Den Stadtmarkt Gradska Trznica von Komiža finden wir so speziell, dass er einen eigenen Eintrag verdient. Er ist gar nicht so leicht zu finden, weil er sich in einer Art Innenhof hinter der Bäckerei versteckt hat und um 13 Uhr schließt. Wir kennen den Markt als eine Ansammlung von drei Ständen: ganz rechts die ältere Dame, die den Vugava in handbeschriftenen PET-Flaschen verkauft, ansonsten Johannisbrot, Kapern und Honig anzubieten hat. Daneben der ältere Herr, der den Wein immerhin in Glasflaschen abfüllt und zusätzlich noch Käse und Kartoffeln verkauft. Links von beiden ist der Obst- und Gemüsestand.

Die Verkaufsstrategie des älteren Herrn besteht darin, auf potentielle Neukunden erstmal direkt zuzugehen, in einem monotonen Singsang seine Produkte anzupreisen und sich dabei keinesfalls unterbrechen zu lassen. Deshalb haben wir ihn den Leierkastenmann genannt. Inzwischen benutzt er auch Italienisch, seit wir selbst ein paar Brocken Italienisch von uns gegeben haben. Die ältere Dame lamentiert ungefragt in einer Art Kontrapunkt zum Singsang des Kollegen: das ist die Kunst der kroatischen Marketing-Fuge. Man weiß nicht, ob sie nun Konkurrenten oder Komplizen sind, vermutlich transzendieren sie diese bürgerlichen Kategorien in einem immerwährenden gemeinsamen Tanz.
Der Gemüsehändler bleibt bei der ganzen Sache cool, denn er weiß genau, dass seine Produkte keine Luxusgüter, sondern täglich lebensnotwendig sind. Er spricht recht akzentfrei Deutsch und verabschiedet sich einfach mit einem selbstsicheren »Bis morgen!«
Jedenfalls überlegen wir uns nun immer schon im voraus, bei wem wir was kaufen, damit niemand sich benachteiligt fühlt. Und wahrscheinlich ist das die eigentliche Verkaufsstrategie, weil Dame und Herr verheiratet sind und der gemeinsame Sohn den Gemüsestand betreibt ...

Das ist natürlich wahrscheinlich Quatsch. Warum wir den Stadtmarkt aber trotzdem wärmstens empfehlen:
Beim Gemüse bekommt man in den Inselsupermärkten oft den gleichen belgischen oder niederländischen Ramsch wie bei uns zuhause, also erstmal rechtzeitig beim »Stadtmarkt« vorbeischauen, denn hier ist die Chance höher, lokale oder zumindest italienische Produkte zu erhalten. Und mit jedem Kauf unterstützt man echte und einzigartige Menschen.
Es ist auf Vis zwingend notwendig, bei jeder Gelegenheit den nur hier vorkommenden Inselwein der autochthonen Sorte Vugava zu konsumieren. Diesen außerhalb eine Lokals zu bekommen, ist allerdings gar nicht so einfach. Natürlich gibt es einige Spezialitätengeschäfte mit entsprechend speziellen Preisen, oder man besucht gleich eines der Weingüter, was definitiv empfehlenswert, aber im Zweifel mindestens ebenso speziell ist. Oder aber man lässt sich auf die Kunst der Fuge am Stadtmarkt ein und kauft mal diesen oder mal jenen unetikettierten, aber jedenfalls ehrlichen (und ebenfalls leckeren!) Vugava …