Die dunkle Seite der Macht

Vom Balos Beach hatte ich zuhause schon gelesen und Bilder gesehen. Von Chaniá aus ist das – zumindest mit dem Mietwagen – ein Katzensprung und ein willkommenes Abenteuer. Denn die Zufahrt führt über einen Makadam, also einen recht wilden, teils einspurigen ungeteerten Weg. Das Dorf, durch das man dabei zwangsläufig hindurch muss, hat die Gunst der Stunde erkannt und verlangt ganz frech einen Wegezoll. Oben hat irgendjemand einen gebührenpflichtigen Parkplatz eröffnet, auf dem es auch ein zusätzlich gebührenpflichtiges Klo gibt. Keiner soll sagen, der Kreter sei nicht geschäftstüchtig!

Leider betreibt der Kreter damit auch den Ausverkauf von Landzunge und Strand. Unglaubliche Karawanen von Autos schieben sich über die schmale Holperpiste (vor der ich überraschenderweise plötzlich ganz schön Respekt habe), verstopfen die Hügel und verpesten die Luft. Dabei könnte man ohne den ganzen Autoverkehr wunderschön in etwa einer Stunde an der Küste entlang zum Strand wandern. Oder, noch besser, man nimmt ab Kíssamos-Hafen ein Boot, mit dem man ganz bequem um die Landzunge herumgeschippert wird und einfach direkt am Balos Beach anlandet.

Erkenntnissse, die uns leider zu spät kommen. Also marschieren wir vom Parkplatz aus etwa ein halbe Stunde weit über die Hügelkuppe, diesmal in einer nicht weniger nervigen Menschenkarawane. Wenigstens haben wir zwar ein schlechtes Gewissen, von oben aber auch einen Wahnsinnsblick!

Der erste Blick über die Kuppe – überwältigend!!!
Ameisen im Glück

Ganz geflasht machen wir uns in der prallen Sonne an den Abstieg, den andere mit Flipflops angehen; wir empfehlen mindestens lauffähige Sandalen. Es geht bergab mit Blick auf die Lagune. Dort tapsen die Menschen in Ameisengöße scheinbar ziellos im seichten Wasser herum.

Karibische Verhältnisse

Eine Art Sandbrücke verbindet das Festland mit der Halbinsel Tígani. Die Sandbrücke dient zugleich als Strand, dort stehen nach rechts zum Meer hin Liegestühle und Wasserrutschen für Kinder bereit und warten auf ihren Einsatz. Der Sand ist fein und weiß, die Farbe des Wassers schon fast unverschämt türkis. Durch die Dünenlandschaft stromern Ziegen und schauen, ob etwas zum Naschen für sie abfällt – notfalls auch im Inneren eines Rucksacks und gegen den Willen des Rucksackbesitzers.

Uns zieht es eher nach links. Dort steht das Wasser nur niedrig und schimmert über dem hellen Sand leicht bläulich. Wind und Sonne zeichnen verführerische Muster in die Wasseroberfläche. Es ist kaum auszuhalten, also hängen wir uns die Schuhe über die Schultern und waten endlich hinein. Und dann, ganz verzaubert und glückselig und fast schon etwas benommen, tapsen wir eine kleine Ewigkeit scheinbar ziellos im seichten Wasser herum ...

Dieser Ort, diese Lagune ist voller Magie. Egal, wieviel Profit und bare Münze der Mensch hier herausschlägt – und da gibt er sich echt Mühe, der Mensch, der Depp – am Ende tappen alle still und wie hypnotisiert durchs Wasser. Das nicht nur durchsichtig, sondern irgendwie gar nicht zu sein scheint. Und so weich, und so sanft, und meerfarben und türkis und kann mich bitte jemand retten ...