Wenn der große Mönch
seinen kleinen Mönch ...

Nur ein Ruth'scher Gedanke zur Frage, wie der Meteora-Mönch dazumal sein Abwasserthema geregelt hat, von der Wasserzufuhr ganz zu schweigen. Die Lebensmittelzufuhr wiederum lief vielerorts über Seilwinden, über die Ware und Lieferant in Netzen per mönchischer Muskelkraft nach oben befördert wurden. Angeblich waren Seil und Netz jeweils so lange im Einsatz, wie es Gott gefiel, sie nicht reißen zu lassen. Auf den alten Filmen, die etwa im Kloster Varlaám gezeigt werden, steht neben der Wiedersehensfreude auch ein bisschen die Erleichterung dem Mönch ins Gesicht geschrieben, der gerade von seinen Brüdern aus dem Netz gefischt wird.

Die ersten Eremitagen wurden im 11. Jahrhundert, vielleicht sogar etwas früher, gegründet. Ab dem 14. Jahrhundert begann der Bau der Klöster, allen voran das Kloster Metamorphosseos, auch Megalo Meteoro genannt, das Große Kloster. Einzigartig ist ihre Lage entweder inmitten senkrechter Felswände oder auf dem Scheitel einer der Felsnadeln aus Sandstein, die die Landschaft hier so speziell machen. Augenscheinlich war Unzugänglichkeit, gleichzusetzen mit Abgeschnittenheit von der gemeinen Welt, das wichtigste Kriterium für die Auswahl der Bauplätze.

Erst im 20. Jahrhundert wurden die Klöster mit Straßen und Brücken und Treppen der banalen Welt draußen und dem breiten Tourismus erschlossen. Trotzdem bleibt ihre Lage auch für heutige Maßstäbe einfach grandios, die Felslandschaft majestätisch und beide zusammen überwältigend. Völlig zu Recht sind die Klöster UNESCO-Weltkulturerbe. Eine unwirkliche Welt, hier oben, wie die Klöster sich in ihre Felsköpfe krallen ...

Sechs der ehemals vierundzwanzig Klöster und Eremitagen sind heutzutage noch in Betrieb, vier davon haben wir besucht. Alle erfreuen sich immenser Besucherzahlen und Eintrittsgelder, wobei letztere mit ein paar Euro definitiv anständig bemessen sind. Immerhin müssen die Bauten erhalten bleiben, und der Mönch ist ja kein Eremit und muss also auch von etwas leben!

Varlaám

Varlaám war zuerst eine Eremitage und wurde erst im 16. Jahrhundert zum Kloster umfunktioniert. Hier lebten die Mönche abgeschottet von der Außen- und besonders der Damenwelt in bescheidensten Verhältnissen und brüderlicher Gemeinschaft.

Über eine Brücke geht es zum Treppenzugang hinüber. Varlaám steht leider als Top 1 auf der Must-see-Liste japanischer Reisegruppen. Wir haben beschlossen, ganz Buddhistinnen, die wir ja im Grunde unserer Herzen sind, uns nicht stressen zu lassen. Auch nicht, wenn die Reisegruppe ein Mode-Insta-Foto-Shooting im Klosterhof veranstaltet oder wie ferngesteuert durch uns hindurch geht.

Das Kloster hat einen interessanten Museumsteil eingerichtet, dort gibt es alte Schwarzweiß-Filme in Endlos-Schleife zu sehen, die das mönchische Leben zeigen. Abgesehen von der abenteuerlichen Methode der Beförderung haben es sich die Mönche, zumindest für die Kamera, durchaus gut gehen lassen. Die Seilwinde und die »Landevorrichtung« können besichtigt werden. Und es gibt sogar einen minikleinen Friedhof hier oben.

Im Museum können wir Aristoteles lesen, und auch das Gesamtwerk Platons wäre vorrätig. Für (Kunst-)Historiker sind hier sicher Schätze gelagert! Früher wurde in Varlaám übrigens auch die hohe Kunst der Kalligrafie gelehrt.

Megalou Meteorou | Metamorphosseos

Den Ursprung der Klosterlandschaft bildete das »Große Kloster«, das an höchster Stelle über den anderen thront. Hier wurde über Jahrhunderte der griechisch-orthodoxe Glauben gelebt, der für Askese, absolute Hingabe an Gott, aber auch für die Harmonie von Kunst, Kultur und Natur steht. Zugleich waren die Klöster ein Hort griechischer Identität.

Zum Megalou Meteorou steigt man zuerst vom Nachbarhügel nach unten und von dort über eine in den Fels gehauenen Treppe nach oben zum Eingang. Hier ist viel weniger los als in Varlaám, vor allem japanerseitig, und es herrscht eine relaxte, friedliche oder fast schon besinnliche Stimmung. Auch hier gibt es ein Museum und natürlich eine reich geschmückte Kirche.

Noch interessanter finden wir die Küche und den ziemlich beeindruckenden Weinkeller. Auf der Aussichtsterrasse, ohnehin ein Ort der Besinnlichkeit, klingt kunstvoll das mittägliche Glockenspiel aus Varlaám herüber. Und wir feiern den Schwarm Nonnen auf Ausflug, der am Ende unseres Besuchs aufgeregt schnatternd und mit den Smartphones fotografierend die Treppen zum Kloster hochgeflattert ist.

Agia Triada

Kein Wunder, dass hier der Schauplatz des 007-Abenteuers war, in dem Bond die senkrechte Felswand hochgeklettert kam, nur um oben schon vom bösen Bösewicht erwartet zu werden. Das Agia Triada ist von allen Klöstern, die wir besucht haben, am schwierigsten zu erreichen und liegt eindeutig am spektakulärsten – egal, von welcher Seite man kommt, von der Bond'schen Seite oder von unserer.

Doch nur von unten und von der Straße aus lässt sich erkennen, dass das Kloster einer freistehenden Felsnadel auf dem schmalen Köpfchen sitzt. Aus allen anderen Perspektiven ist das Ganze zwar auch wunderschön, aber deutlich weniger aufregend.

Von der Straße aus führt ein zwar gut ausgebauter, aber recht langer Weg erst hinunter, dann wieder steil hinauf. Am Ende steigt man über 140 Steinstufen zum stattlichen Platz vor dem Klostereingang empor, die 1925 in den Fels geschlagen wurden. Zuvor war das Kloster nur über Strickleiter, Netz und Seilwinde zu erreichen.

Auf dem Vorplatz schlüpfen wir in unsere mitgebrachten Röcke und Rockersatztücher, wie sie hier an Frauen gerne gesehen werden und an den Kassen ausgeliehen werden können. Unpraktisch, aber sittlich!

Auch dieses Kloster hat wieder etwas sehr Spezielles, was es von seinen Kloster-Kumpels unterscheidet. Es liegt oben in die sanftrunden Felskuppen eingebettet, als würde das Gestein die menschgemachten Gebäude immer mehr überwuchern, um sie am Ende ganz zu verschlucken. Um die Klostergebäude herum ist ein eifriger Gärtner am Werk, der offenbar einen Hang zum Rosengarten hat, was hier oben fast ein wenig absurd erscheint.

Hinter dem Kloster öffnet sich der Weg auf ein mächtiges Felsplateau, das zugleich als Aussichtsplattform dient. Von hier hat man einen Megablick auf Kalambaka und ins Tal. Die Nachbarfelsen scheinen buchstäblich nur einen Katzensprung entfernt zu sein. Ein Sprung allerdings über eine wirklich tiefe Schlucht, die die beiden Felsblöcke voneinander trennt.

Agios Stefanou: nur für Frauen

Mangels Fußwegen laufen wir über die Straße zum Agios Stefanou, das von unserer Terrasse aus gesehen dem Felsen ganz rechts auf dem Kopf sitzt. Wir dürfen gerade noch rein, zwanzig Minuten bevor die Nonnen Siesta machen. Hier geht es heiterer zu als in den Männerklöstern, es wird gesprochen und sogar gelacht. Ein schöner, aufgeräumter Ort, an dem wir gerne auch ein bisschen länger geblieben wären ... Aber die Kirchenglocken bimmeln uns energisch hinaus.