Gytheio Fangirls
Gytheio liegt im Osten des peloponnes'schen Mittelfingers und ist dank Autobahn und Zubringer gut angebunden, was auf den Fingern des Peloponnes nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit ist. Wir haben uns für Gytheio entschieden, weil es einer Stadt noch am nächsten kommt, ein strategisch geschickter Punkt für Ausflüge in alle Richtungen ist (auch wenn wir am Ende immer nur in eine Richtung fahren, nämlich in die Mani) und mit eigenem Hafen direkt am Meer liegt. Wie sich zeigen soll, eine ausgezeichnete Wahl!
Unser Haus ist ein Traum, mit zwei großen Balkonen über dem Meer. Hier sitzen wir, schütten zuviel Alkohol in unsere leeren Mägen und können unser Glück kaum fassen. Das Meer und die Inseln am gar nicht so weit entfernten Horizont versinken im Dunst. Nebelschwaden tauchen uns in eine verschwommene, unwirkliche Wattewelt. Das Meer ist auch aus Watte, mit weichgezeichnetem zerfasertem Horizont. Der Ausblick auf die Halbinsel Kranài hat maximales Suchtpotential und muss dringend bei jeder Lichtstimmung fotografiert werden.
Die Halbinsel Kranài
Wir erschlendern uns die Halbinsel Kranài, auf der neben einem fotogenen Kirchlein auch der Leuchtturm steht, den wir vom Balkonblick schon kennen. Der sieht allerdings aus der Ferne charismatischer aus als so direkt. Sonst gibt es hier einen Bootsfriedhof, ein gehobenes Pasta-Lokal und ein Castello, das aussieht wie aus Disneyland entlaufen. Angeblich typisch für die Wohnturm-Architektur der Mani, was wir für einen Quatsch halten, weil alle anderen schauen ganz anders aus.
Auf Kranài haben der Legende nach die schöne Helena und ihr Paris auf der Flucht vor Helenas rachsüchtigem Ehemann ihre erste Liebesnacht verbracht. Heute verbringen vor allem Wohnmobilisten ihre Nächte hier, obwohl die Zufahrt über die Hafenmole eigentlich zu eng für sie ist. Als Ausgleich für den wirklich traumhaft schönen Stellplatz hinterlassen sie unappetitliche Müllhalden und in uns den Wunsch, Flut und Fluch der Camper mögen endlich vorübergehen.
Immer am Meer
Weiter geht es zum kunstbewehrten Hafen und um die 90-Grad-Kurve zur Platea, dem Hauptplatz der Stadt. Überhaupt ist Gytheio ist ein mega sympathischer Ort: die Altstadt hat morbiden Charme mit verfallenden Häusern und traurig-schönen Ecken. Unten auf dem breiten Lungomare vor den pastellbunten Häusern laden die Tische der Cafés und Tavernen direkt am Wasser zur Blauen Stunde ein. Ein verzweifelter Wirt versucht sogar mit plumpen Anmachsprüchen, uns in sein leeres Lokal zu lotsen ;-)

Wir entscheiden uns stattdessen für ein uriges Lokal am Platze, das den hinreißenden Namen »Drei zwitschern, zwei tanzen« trägt. Dort zwitschern Ruth ein halbes Kilo Weißwein und ich ein halbes Kilo Mythos Bier. Danach tanzen wir zwei nach Hause.
Am Meeresrand gesichtet: 1 Schiffswrack
Was in meinem alten Müller-Reiseführer von 2009 noch als Spaßverderber bezeichnet wird, hat sich zwischenzeitlich zu einer respektablen, wenn auch fragwürdigen touristischen Hauptattraktion gemausert. Seit rund vierzig Jahren rostet am Valtáki Beach das Schiffswrack der Dimitrios pittoresk vor sich hin und gibt dem ohnehin schon schönen Strand das gewisse Etwas. Das Schiff habe sich in einer stürmischen Dezembernacht 1981 von seiner Vertäuung am Hafen losgerissen und sei vier Kilometer nördlich gestrandet. Es kursieren Gerüchte im Netz, dass es hier um Schmuggelei und sonstige kriminelle Machenschaften ging. Unklar ist, warum die Behörden seit über vierzig Jahren zusehen, wie das Schiff am Strand in seine Einzelteile zerbröselt – Mikrorost ... Liegt vielleicht daran, dass wir in Griechenland sind.
Wir sind extrem guten Willens, uns zu sonnen und zu baden. Am Ende gewinnt aber der heftige Wind, der uns aufs Bösartigste mit spitzen Sandkörnern malträtiert.