Land aus Licht und Stein

Die südliche, innere Mani ist das eigentliche Herz dieser eigentümlichen, verschlossenen Welt der Mani, die schon immer einer meiner persönlichen Sehnsuchtsorte war. Die Landschaft ist gewaltig und karg, der Mensch nur geduldet. Schroffe Berge und ein rauhes Meer drücken den Manioten ihren Stempel auf. Für mich ist diese abgelegene, menschenleere Ecke der europäischen Welt tief beeindruckend und faszinierend. Fast ist mit den Händen zu greifen, wie über Generationen hinweg die blutigen Fehden zwischen den Clans der Mani und andere archaische Traditionen gepflegt wurden.

Heute hat die Welt Einzug in die Mani gehalten. Zumindest in die touristisch erschlossenen Dörfer. Doch es heißt, dass oben in den Bergen, wo fast nur noch Alte wohnen, der misstrauisch-stolze, wild patriotische Geist der Mani weiterlebt ...

Váthia, Lost Place in exponierter Lage

Den wichtigsten Touri-Hotspot haben wir leider nur praktisch im Vorbeifahren ›mitgenommen‹: Váthia, eine fantastisch gelegene Geisterstadt aus maniotischen Wohn-(und/oder Wehr-?)türmen. Was die Turmdichte und -anordnung angeht, ein einzigartiges Ensemble!

Underworld: Vlychada Pírgos Dirou

Die Tropfsteinhöhle etwas südlich von Areopoli an der Westküste der Mani ist etwas Besonderes: den für Besucher zugänglichen Teil erkundet man in Flachbooten, die die Bootsführer durch die Stalaktiten und -miten staken. Hier unten herrscht, bis auf das leise Glucksen des Wassers, eine unwirkliche Stille. Leider gab es bei uns nur die kurze Tour (»technical problems« – ???), die ein maximal uninspirierter junger Mann gestakt hat. Normalerweise dauert die Bootsfahrt eine knappe halbe Stunde, bei uns war sie schon nach zehn Minuten vorüber. Trotzdem: Magisch die Momente, wenn niemand spricht und das Boot ganz still über das Wasser gleitet. Davon hätten wir gerne mehr gehabt ...

Im Anschluss gelangen wir über einen 300 Meter langen Fußweg wieder ans Tageslicht. Ganz ohne Guide haben wir alle Zeit der Welt, um diese Stein gewordene Tropfenwelt in allen Formen und Farben zu bestaunen und dann ganz langsam wieder aufzutauchen.

Draußen ist es gleich vorbei mit der mystischen Stimmung. Am Hügel entlang geht es zurück zum hässlich-funktionalen Eingang der Höhle mit zugehöriger Lokalität. Unten am türkiskristallinen Wasser liegt ein Traumstrand mit Kirche, Bauruine und schneeweiß glänzenden runden Riesenkieseln, daneben lockt – jedoch umsonst, dorthin kommt man nur mit dem Auto und über einen gewaltigen Umweg – eine weitere weiße Badebucht. Was für eine Landschaft!

Areópoli

Areópoli ist neben Gytheio die zweite wichtige Stadt der Mani und deren touristischer Knotenpunkt. Entsprechend aufgehübscht ist das kleine 800-Seelen-Dorf. Vielleicht umso mehr, als es nicht am Wasser liegt, sondern weit oben auf einem Hügel.

Mir ist das fast einen Ticken zu viel: die Cafés sind ein bisschen zu schnuzelig, es gibt viel hübsch Restauriertes und noch mehr geschmackvoll Dekoriertes.

Was ein stolzer, schöner Maniote!

Authentisch ist das sicher nicht, aber die Leute müssen halt auch von was leben, nämlich von uns Touris. Oder es ist doch authentisch, weil der Tourismus hier von den Jungen mit viel Liebe und frischem Wind betrieben wird. Wir finden ganz von selbst die Traditionsbäckerei mit den leckersten Pitas aller Zeiten, suchen aber vergeblich nach einem anständigen Meerblick. Schöner Ort. Gut, dass wir hier nicht wohnen.

»Wollt ihr meine Hornhaut essen?«

Um es vorweg zu nehmen: nein, wollten sie nicht. Oder sie haben sich nicht fragen trauen. Die unzähligen schwarzen Minifische, die anfangs durchaus Interesse zu zeigen schienen. Ruth wollte ihre Hornhaut auch eigentlich lieber den Schildkröten anbieten, die es hier angeblich gibt, aber die zeigten weder sich noch irgendein Interesse.

Zu erleben sind derlei und andere Abenteuer in Limeni, das in der Bucht unterhalb von Areópoli liegt und ein hübscher, irgendwie künstlich gechillter Fotomotiv- und Vorzeigeort für griechische Lebensart ist. Und für extrem türkises Wasser. Immerhin: der den roten Stühlen zugehörige Wirt war einfach entzückend!

Das andere Abenteuer war die auffallend hohe Dichte an riesigen Spinnen, die ihre riesigen Netze längs entlang der Straßen aufspannen. Das scheint eine besondere Taktik zu sein, die vielleicht mit dem Wind zu tun hat, der ihnen die Beute direkt in die Netze treibt. Oder so ähnlich. Augen auf jedenfalls und sich nicht direkt in die Netze treiben lassen!

Das südlichste Ende der festen Welt, oder: endlich wieder Gemse!

Zum Ende der Welt führt auf dem Kap Ténaro ein Wanderweg, und zum Ende der Welt wollen wir natürlich unbedingt mal wieder. Es ist der heißeste Tag unseres bisherigen Urlaubs, 31 Grad, und wohl deshalb warten wir vorsichtshalber bis zur Mittagshitze, um vom Parkplatz aus zu starten. Die Wanderung erinnert uns gleich mehrfach an unseren Fischertrail in Portugal, den wir vor einigen Jahren gegangen sind. Erstens: es gibt keinen Schatten. Zweitens: das Meer immer fest im Blick. Drittens: gigantische Steilküsten und wilde Brandung, die dagegen anrennt.

Plötzlich und unerwartet ist genau jetzt der Moment, in dem ich hier ankomme und mir nicht mehr nur von außen beim Urlaubmachen zusehe. Ich spüre endlich wieder meine Gelenke und Muskeln und meine Beweglichkeit. Und sogar die Höhenangst ist plötzlich fast weg. Mein ganz persönlicher Kraftort! Der Eingang zum Hades sei übrigens auch nur ein paar Meter vom Parkplatz entfernt, für's nächste Mal ;-)

Dann, am Ende der Welt, steht da ein Leuchtturm. Wir suchen uns einen Schattenplatz, essen unsere Brotzeit und gucken aufs Meer. Irgendwann müssen wir dann zurück. Gleicher Weg, neuer View.

Marmari

Gerade noch auf der Mittelfingerkuppe, in einer geschützten Bucht in der braun-karstigen Steinwüste, sitzt auf einer Klippe Marmari. Marmari ist ein Geisterdorf und hindert uns mit Draht und Zäunen an jeglicher näheren Erkundung. Umso absurder wirkt das Hotel darunter, das fast schon ein bisschen verzweifelt versucht, ein Lusxusressort für Individualisten zu sein.

Zu Füßen Marmaris und des traurigen Hotels liegt der wunderbare Sandstrand Marmari Beach, Absolut kein Weg führt an einem Vollbad vorbei, egal wie kalt das Wasser ist, und es ist wie immer (und wie immer jeder sagt): wenn man erst mal drin ist ... Das Wasser ist herrlich, das Am-Strand-Liegen auch. Wir träumen vor uns hin, stecken die Füße in den warmen Sand, blinzeln das glitzernde Meer an. Ein perfekter Tag, schon wieder!