Fíra, Firostefáni, Imerovígli & Oía:
Leben am Abgrund

In diesem Kapitel besuchen wir die vier (wichtigsten) Dörfer, die der Mensch oben an den Kraterrand gedingst hat in der Hoffnung, dass sie nicht herunterfallen. Die Dörfer schmiegen sich in jede Steinfalte und Ritze, mit dieser so freundlichen organischen weichen kykladischen Architektur. Und dann wird erst mal tüchtig geweißelt.

Fíra – Thíra | Φηρά

Fíra ist die Hauptstadt von Santoríni. Hier beginnt (oder endet) der Kraterrandweg, hier ist der zentrale Busbahnhof. Dabei spielt sich alles auf der Caldera-Seite des Ortes ab, hinten ist es nicht so schön ... Obwohl in der Vorsaison da, haben wir Fíra schon als recht grenzwertig empfunden. In den kleinen weißen Gassen zur Caldera hin und an den Juwelier- und Souvenirläden vorbei drängeln sich die Touris, die je enger umso ungechillter werden.

Eigentlich existiert der ganze Ort nur für den Tourismus. Jeden Tag karren riesige Kreuzfahrtschiffe riesige Mengen von Passagieren an den Alten Hafen. Nach oben geht es mit der Seilbahn (unser favorisiertes Transportmittel), auf einem Esel/Muli (wird von Tierschützer/-innen äußerst kritisch gesehen) oder über die Serpentinentreppe (wenn man von den recht ignoranten Eseln und Mulis nicht runtergeschubst oder -getreten wird). Von dort aus entern die Passagiere dann die Insel, und die weniger lauffreudigen oder -fähigen entern vor allem Fíra. Kann man, muss man nicht. Die Lage von Fíra ist aber natürlich einfach geil!

Vom Alten Hafen gehen auch die Volcano Tours los, die auf den noch als aktiv geltenden Néa Kaméni führen.

Natürlich trotzdem schön: der Kraterrandweg in Fíra bei Sonnenuntergang und bei Nacht. Besonders schön: wenn der Strom ausfällt, was hier wohl öfter mal passiert. Da hält dann ein junger asiatischer Studierender uns zwei ältere Damen schon mal für etwas, was sich anzubaggern lohnt – bis wieder das Licht angeht ;-D.

Firostefáni schließt sich nahtlos an Fíra an, wenn man sich Richtung Oía bewegt. Es hat die gleiche fantastische Lage, den gleichen herrlichen Blick und ein sehr einladendes Mäuerle für unser Abendbier zum Sonnenuntergang mit Calderablick. Vermutlich weil Firostefáni nicht direkt über dem Alten Hafen liegt, an dem die Kreuzfahrtpassagiere anlanden, ist es aber deutlich ruhiger und gechillter und nicht ganz so mördertouristisch.

Hier haben wir, wenn auch mit einem ziemlich fadenscheinigen Meerblick in die ›falsche‹ Richtung, also nicht zur Caldera hinüber, ein Apartment gemietet. Top Lage, nach zwei Minuten Fußweg sitzen wir auf unserem Mäuerle, in fünf Minuten laufen wir zum Bäcker und zum Supermarkt und in zehn wundervollen Minuten (zuzüglich reichlicher Fotopausen) am Kraterrand entlang nach Fíra-Zentrum.

Traumblick vom Mäuerle

Imerovígli | Ημεροβίγλι – Zauberblauer Sehnsuchtsort

Der Ort umschmeichelt uns mit einer heiter-unwirklichen Aura und zarter Stille. Wir sprechen unwillkürlich leise und bewegen uns vorsichtig. Hier gibt es keine Caldera-abgewandte Seite, alles räkelt sich genüsslich und selbstzufrieden dem Abgrund und der meerversunkenen Sonne entgegen. So viel sanfte Gelassenheit, so viel traumblaue Schönheit!

Sogar bei Tageslicht, wenn die Touristenströme den Kraterrandweg entlangpilgern, verströmt Imerovígli diesen besonderen Sound. Auch wenn wir sehen und wissen, dass hier das Geld urlaubt und es deshalb hier so klingt, können wir uns dem Zauber nicht entziehen. Und müssen wir ja auch nicht! Aus der hippen Caldera-Bar stehlen wir uns nach einem Blick auf die Getränkepreise wieder davon. Danach holen wir uns ein Bier aus dem nicht ganz so hippen Caldera-Kiosk und nehmen Platz auf der freundlichen Mauer, die eine direkte Nachbarin der hippen Bar ist und ohnehin den besseren Caldera-Blick zu bieten hat ...

Oía | Oία

Was allgemein als schönster Ort Santorínis gehandelt wird, hat sich uns leider in regnerischem Grau präsentiert. Noch dazu ist es uns nicht gelungen, in Oía einen verdammten Kaffee zu bekommen: Vorsaison! Alles noch zu oder schon zu oder eh nicht offen. Am berühmten Insta-Point (Blaue Kirchendächer) mussten wir aufpassen, dass uns unsere asiatischen Weltmitbewohner/-innen nicht einfach aus dem Weg kegeln. Ehrlich – was ist aus der legendären asiatischen Höflichkeit geworden? Die sind nicht mal aggro, die nehmen uns einfach gar nicht wahr!

Lage! Lage! Lage! Hat Oía natürlich, und wir können uns schon ein bisschen ausmalen, wie das Ensemble in warmem Sonnenuntergangslicht aussieht. Sogar mit mäßigem Wetter ist es wunderschön. Wenn es nicht so absurd teuer wäre, würden wir vermutlich hier wohnen. Wir sind froh, dass wir das nicht tun. Oía berührt unsere Herzen nicht, wir fremdeln und sind befremdet. Natürlich gucken wir, wir laufen ein bisschen rum, wir fotografieren. Aber dieser Ort kriegt uns nicht. Am Ende suchen wir ziemlich schnell den Busbahnhof und fahren in unsere Homebase und vermissen nichts.