Kaiser und Kähne

Unser Besuch in Split war ungeplant und unvorbereitet, wir wollten nämlich blauäugigerweise die Tickets für die Vormittagsfähre auf die Insel Vis vor Ort kaufen. Unglaublicherweise war die Fähre ausgebucht, weil auf Vis das Goulash Festival unmittelbar bevorstand und viele Goulashskis dorthin unterwegs waren. Den Tipp der Fewo-Vermieterin, uns mit falschen Tickets trotzdem draufzuschmuggeln, haben wir zu spät gesehen und hätten es uns wohl auch nicht getraut. Stattdessen haben wir Tickets für die Fähre um 17.00 Uhr gekauft und den Tag genutzt, um Split zu besichtigen. Erste Station war ein wunderbarer Obst- und Gemüsemarkt, der leider zur falschen Zeit am falschen Ort war.

Kähne

Nach dem Markt kommt man zum Hafen. Der Fährhafen in Split hat ordentlich »maritimen Betrieb« zu bieten (unsere Lieblings-Wortschöpfung 2023, seitdem viel in Gebrauch), vor allem im Vergleich zu unseren vorherigen Stationen, wo schon Badeluftmatratzen zum maritimen Betrieb gerechnet wurden. Der Hafen von Split ist immerhin einer der wichtigsten Knotenpunkte für die vielen Fährlinien in Kroatien. Die meisten dieser Schiffe tragen das Signet der Jadrolinija.

Aber es gibt auch andere ...

Die Jadrolinija sorgt dafür, dass die Inselbewohner/-innen hin und her kommen, und das zu extragünstigen Preisen nur für die Locals. So einige arbeiten offenbar auf dem Festland und sind auf den Fähren anzutreffen, die in aller Herrgottsfrühe Richtung Split gehen. Das sind die Profis, die sich sofort einen guten Schlafplatz suchen und die Augen nochmal fest zumachen und gut zu unterschieden sind von uns Touris, die bei jedem Wetter auf dem obersten Deck sitzen und mit großen glücklichen Augen auf das viele Wasser schauen.

Kaiser

Nach dem Hafen und der Hafenpromenade kommt man ... erstmal gar nicht so einfach weiter. Wir wussten was von Altstadt und dass man unbedingt den Palast des Kaisers Diokletian gesehen haben muss. Also nahmen wir das erstbeste Tor in der Häuserzeile am Hafen und standen sofort mittendrin. In beidem. Denn der Palast ist die Altstadt. Durch den Keller kommt man auf einen Platz, der sich als Hauptplatz herausstellt, das Peristyl. Wenn man bis auf die zwei für Fotos posierenden Legionäre die Unmassen von Touristen weggebeamt hätte, könnten wir auch mit der Zeitmaschine ins dritte Jahrhundert nach Christus gereist sein.

Diokletian war der einzige römische Kaiser, der freiwillig aus dem Amt schied. Trotzdem bekam er einen opulenten Alterssitz samt Mausoleum, eben diesen Palast, der heute praktisch die komplette Altstadt von Split darstellt. Kurz nach Diokletians Tod haben die Römer eingesehen, dass sie diese neumodischen Christen nicht mehr loswerden und das Mausoleum wurde in eine Kirche umgewidmet. Der Sarkophag mit dem ›ungläubigen‹ Kaiser kam raus und die Gebeine der nur wenige Jahrzehnte zuvor in seinem Auftrag ermordeten Märtyrer kamen rein. Im 13. Jahrhundert kam dann noch ein wirklich schön anzusehender Glockenturm hinzu und fertig war die dienstälteste Kathedrale der Christenheit.

Den Turm und die Kathedrale kann man besichtigen, allerdings nur, wenn das Ticketbüro nicht gerade Siesta macht. Also besichtigten wir erst einmal ausgiebig den Keller, was auch den Vorteil hat, dass da die Mittagssonne nicht scheint. Hier wurden auch Szenen von »Game of Thrones« gedreht, wie wir später gelesen haben.

Nach einigen Irrgängen und bei den Versuchen, aus dem Altstadt-Palast wieder herauszukommen (gar nicht so einfach!!!), entdeckten wir auch noch das Vestibül, einen wunderschönen Raum mit einer kreisrunden Öffnung zum Himmel hin und einer beeindruckenden Akustik, die sich ein Klapa-Männerchor zunutze macht. Klapa sind dalmatinische Volksmusik-Chöre, die das Leben und die Liebe, den Wein und das Meer besingen, und zwar meist mehrstimmig und unbegleitet. Das Liedgut ist melodiös, gefühlig und heute wieder voll im Trend. Es werden neue Kompositionen geschaffen und Wettbewerbe ausgetragen – und auch Frauen dürfen bisweilen mitmachen oder gründen eigene Chöre. So bleibt diese schöne Tradition erhalten.

Das Vestibül durften wir für je einen gut angelegten Euro erklimmen und hatten dann ein bisschen mehr Übersicht über Altstadt und Hafen.

Der Glockenturm spitzelt durch's Dach des Vestibül

Und die Altstadt spitzelt durch das Kaiserliche:

Split ist eine irgendwie etwas arrogante Schönheit, die Spliter (oder Splitter?) sehen offenbar wenig Veranlassung, besonders freundlich zu sein – vor allem, wenn sie erkennen, dass sie kein Geld mit einem verdienen werden. Andererseits machen sie einem das mit dem Geld ausgeben auch gar nicht so leicht. Unsere lange Suche nach einem Café mit was zu essen haben wir nach der Snackbar aufgegeben, die gar keine Snacks hatte. Am Ende haben wir dann ein Stück schlechte Pizza-Focaccia auf einer Parkbank in der glutheißen Sonne gegessen. Und ganz am Ende waren wir froh, als endlich Zeit für unsere Fähre war.