Mittelalterliches Juwel im Touristenwahn

Wahrscheinlich sind wir komisch, aber auch Korčula ist uns schon fast wieder zuviel. Zuviel an Restaurants und Bars, zuviel an posierenden Insta-Möchtegerns und Kreuzfahrer/-innen. Zuviel an Yachten und Menschen und Läden mit billigstem Suvenirski-Ramsch und geschmacklosem Korallenschmuck. In dem ganzen Rummel geht die mittelalterliche Altstadt auf ihrer runden Halbinsel, so schön sie auch in Szene gesetzt ist, einfach gnadenlos unter ...

Trotzdem muss man Korčula natürlich besuchen, mehr als einmal. Zum Einen, weil die Stadt das kulturelle Zentrum der Insel ist, zum Anderen, weil wir nun einmal in Korčula wohnen, wenn auch etwas außerhalb in der Nachbarbucht, zwischen Ruhe und Rummel.

Die Altstadt ist wie eine Feder angelegt, der Kiel ist die Hauptgasse pfeilgerade mittendurch, von der in schräger Anordnung die kleinen Nebengässchen abgehen. Die enden alle sehr pittoresk an der Stadtmauer, die zugleich die Uferpromenade der Altstadt ist und einmal rundherum führt.

Blick über die Stadtmauer nach Osten

Abendspaziergang

In einem der Wachtürme an der Stadtmauer haben sie eine Bar aufs Dach gebaut. Nicht barrierefrei, aber geil: man muss eine lange Leiter hochklettern, um überhaupt hoch zu kommen. Die Getränke werden per Seilzug nach oben transportiert. Teuer und einzigartig! Tipp für die Damen: keinen Rock anziehen, auf der Leiter sieht man wirklich alles ;-)

Hinein in die Altstadtgassen geht es durch zwei eindrucksvolle Portale. Dicht an dicht stehen auf begrenztem Raum mittelalterliche Bauten, Kirchen und Kapellen, dazwischen lauschige Plätze und Ecken. Es lohnt sich, den Blick immer wieder nach oben zu richten: dort gibt es schöne Details zu entdecken.

Wir geben gerne zu: die meisten Lokalitäten haben sich wirklich alle Mühe gegeben und sind originell und mit viel Liebe und Aufmerksamkeit in die Plätze und Ecken hineingestaltet. Vielleicht haben wir Glück und haben den Tag der offenen Kirchen erwischt oder deren Türen stehen hier immer für Besucher/-innen bis spät abends offen.

Die Altstadt ist natürlich auch bei Nacht wunderschön und sehr stimmungsvoll. Besonders mögen wir aber den Basketballplatz mit Meerblick, die Lichtergirlande der Segelyachten und den ruhigen Heimweg im Mondlicht.

Westlich der Stadt

Wir wohnen ja im Osten von Korčula. Westlich der Altstadt ziehen sich die verwinkelten Gassen noch den Hügel hoch. Hier lässt man sich gerne ein bisschen treiben und spitzelt um die eine und die andere Ecke ...

Ganz oben auf dem Hügel steht die Fortezza: ein alter Wachturm. Der erhoffte und im Reiseführer angekündigte Rundblick fällt leider dort aus, die Bäume sind zu hoch. Trotzdem ein schöner und sportlicher Spaziergang. Auf halber Höhe unter der Fortezza gibt es einen Vista Point, von dem aus man sehr schön auf Korčula herunterblicken und -klicken kann. Damit man nicht in der Aufregung vergisst, wo man ist, haben sie den Namen der Stadt als Schriftzug hingestellt. So wird aus einem Foto eine Postkarte.

Noch eine Etage tiefer, am Meer, liegt ein Dominikanski-Kloster. Wie wir es von hiesigen Klostern gewohnt sind, befindet sich auch dieses hier in ausnehmend schöner Lage und hat offenbar einen eigenen kleinen Hafen! Von dort promenieren wir an der palmengesäumten Uferpromenade zur Altstadt zurück.

Sunset-Point Glockenturm!

Wir haben nun einige sogenannte Sunset Points in Korčula getestet. So richtig Sunset ist hier ja nicht, weil das Festland im Weg steht. Trotzdem gibt es Unterschiede. Wir empfehlen ultimativ: den Glockenturm. Den darf man für einen mittelkleinen Obulus erklimmen. Das ist ein enges und steiles Unterfangen und für Menschen mit Höhenangst je nachdem grenzwertig. Wenn die Glocken losgehen, sind außerdem Ohrstöpsel kein Fehler. Aber: die Abendsonne überflutet alles mit warmgoldenem Licht, und die Aussicht über die Dächer und in alle Richtungen ist einfach der Hammer!

Korčula ist unbedingt eine Stadt der untergehenden Sonne. Zuerst golden, dann in dem besonderen rosa-hellblauen Zwielicht, das wir an Kroatien so lieben. Warmes dunkles Blau mit Laterneninseln. Die Gassen in stimmungsvolles Licht und die deutsche Seele in mediterrane Glückseligkeit getaucht ;-)